Mittwoch, 9. November 2022

Living for Agility…

  ... two Hearts beat as One, reaching for the stars - we are one. Fight for Fun, can't get wrong, Trust in me, trust in you ... your power is my energy, the game is just for you and me, I am living for Agility, cause this is my Family ...

Als ich 2006 meine erste Begegnung mit diesem Sport hatte, gab es diese Hymne noch nicht. Trotzdem war es schon damals in Offenthal genau dies Teamfeeling, das mich von der ersten Sekunde für Agility entflammt hat. 

Ja, das Agility war damals ein wenig anders. Es waren in Deutschland schon noch "die Anfänge", obwohl ich doch eher spät dabei war. Um überhaupt ein Turnier melden zu können, musste man in diversen Foren nach Turnieren suchen, dann einen Meldeschein nebst Verrechnungsscheck an die Meldestelle schicken und hoffen, dass man einen Startplatz bekam. Als Neuling in der Szene hatte man es auch nicht gerade bei allen leicht, als so ein wenig "geschlossene Gesellschaft" habe ich die Turniere damals schon empfunden. 

Mein erster Teampartner war die wunderbare unvergessene Donna von den Hardsteinswiesen. Die Parcours selber - einmal rauf, einmal runter, noch mal rauf und Ziel waren nicht unser Problem. Aber die Grundausbildung war verpatzt - ich hatte ja keine Ahnung - und bis zum Ende ihrer Karriere (immerhin doch im A3) hatten wir Slalomprobleme. (Vermutlich mehr mein mentales Thema als ihres)


Dann kam Hope. Durch Donnas verletzungsbedingte Pause hatte sich Agility in der Zwischenzeit schon weiterentwickelt. Parcours waren doch anspruchsvoller geworden, dieses ominöse "Außen" hatte damals in meinem Wirkungskreis seine Anfänge.


Hope hatte schon nicht hüten wollen, deswegen kam sie zu uns. Agility wollte sie aber eigentlich auch nicht machen. Arbeiten wollte sie schon, aber was genau, hatte sie noch nicht so ganz herausgefunden. 

Ein Jahr später - unendlich viel Geduld, Blut, Schweiß und Tränen - konnten wir Agility zu unserer gemeinsamen Aufgabe machen. Mit Hope war alles so leicht, so schwebend, sie war nie die allerschnellste, hat aber über die Jahre immer mehr Speed aufgebaut - und wir waren DAS Team. Mit Hope zu laufen, war wie flüssiges Glück in meinen Adern. Dies Jahr an Fasching hatte sie ihr letztes Turnier und es fehlt mir so sehr mit ihr zu fliegen und es tut schon weh, zu erleben, wie sie älter wird.


Der nächste Weggefährte im Agility war dann Myway, ein Sheltie. Diese Rasse hatte mich schon lange fasziniert und 2016 war es dann soweit und der kleine Prinz zog ein. Vermutlich wurde er der am besten ausgebildete Hund im Rudel. Von Anfang an geclickert, Basics gemacht, ein Slalom zog bei uns ein ... Tja, und bei den ersten Starts zeigte sich dann, dass er vom drumherum so beeindruckt war, dass er all seine Skills nicht abrufen konnte. Ich klatschte ihn durch den Parcours und war eine Million mal nah daran, das Thema Agility zu beenden. Zum Glück hatte ich Freunde, die mir das immer wieder ausgeredet haben. Shelties brauchen wohl manchmal ein bisschen länger und mittlerweile macht es so einen Spaß. Allein schon mit ihm an den Start zu gehen und er schaut mich an und zeigt, dass er bereit ist. Ich liebe diese Augen und ich genieße es, mit ihm die Tücken der Parcours zu erforschen.


Lasse war von Anfang an ein Sonderfall. Kurz nachdem wir Donna hatten gehen lassen müssen, fand ich ihn in bei Facebook. Er war halb verhungert und voll negativer Erfahrungen. Ich bin unendlich froh, dass es heute ein glücklicher frecher kleiner Sheltie geworden ist. Er könnte richtig gut sein im Agi. Aber er macht lieber "Underachievement". Aber meine TK Pia hat mir versichert, dass er Agi eigentlich gut findet - und deswegen darf er auch weiter mit Frauchen durch die Parcours turnen - je schwieriger, desto besser, denn topausgebildet ist er. 


In 3 Tagen wird Jaro, mein Lichtlein in der Dunkelheit, 17 Monate alt. Die Begleithundeprüfung haben wir irgendwie geschafft und nun bereiten wir uns auf den ersten richtigen Start im Agility vor. Das Bubsle ist einfach in jeder Lebenslage ein Traum (aber wir reden hier ja gerade von Agility) und ich bin so gespannt auf diese neue Herausforderung. Er hat unendlich viel Spaß und Motivation, ist voll will2please, Jaro brennt wie ich für 2 Hearts beat as one. 


Die Häufung der Seminare in den letzten Wochen war mehr der Tatsache geschuldet, dass wir endlich solche Trainings besuchen konnten, als irgendeiner Torschlusspanik vor dem ersten Start. Aber diese Trainings haben mir einfach vor allem viel mehr Sicherheit und Vertrauen in Jaro und mich als Team gegeben. Wie auch immer wir das bei unseren ersten Starts umsetzen - we trust in eachother ...

 







                                            

Nicht ohne meine Hunde ...

 In einem Facebook-Forum wurde gerade mal wieder die Frage gestellt, wo wir unsere Hunde unterbringen, wenn wir sie in den Urlaub nicht mitnehmen können. Für mich ist die Antwort klar: Ich fahre in keinen Urlaub, wo ich die Hunde nicht mitnehmen kann. Keine Kreuzfahrt, keine Karibik, kein Wellnesshotel. Schlimm genug, dass ich sie zweimal die Woche daheim lassen muss, wenn ich im Büro vor Ort die Knochen verdienen muss ... Ich könnte keinen Urlaub ohne die Vier wirklich genießen - ganz egal, wie gut die untergebracht sind.

Wobei ich ehrlich zugebe, bei meinen Kindern war das noch anders ... da war ich richtig dankbar, für einen freien Abend. 

Der Unterschied ist vermutlich, dass meine Hunde pflegeleicht und gut erzogen sind. Da wird nicht gequengelt, können wir noch was spielen, mir ist langweilig oder es wird mitten aus dem schönsten Miteinander heraus wild gestritten ... 

Ob das nun normal ist, ist mir auch völlig egal. Ich verbringe meine Zeit einfach gerne mit Hope, Myway, Lasse und Jaro. Lange Spaziergänge in Feld und Wald - ich muss jedes Mal lächeln, wenn die Shelties mit Jaro Wettrennen machen. In dieser Jahreszeit riecht der Wald so gut, das Laub raschelt unter den Füßen und die Luft ist so klar und frisch. 

Gut erzogene Hütehunde sind da ja auch was Wunderbares. Einfach laufen lassen - dass sie auf dem Weg bleiben müssen, wissen sie und halten sich auch dran. Aber natürlich habe ich meine Hunde auch immer Blick. Kein Handy in der Hand, außer mal für ein Foto. 

Wenn ich wie gerade im Moment am PC sitze, liegen die Shelties im Körbchen neben mir auf dem Schreibtisch. Jaro liegt auf der Decke auf dem Bett und Hopsi in der Hängematte. So entspannt wie im Homeoffice könnte ich nirgends arbeiten. Im Büro will ich eigentlich nur so schnell wie möglich wieder nach Hause ...







Mittwoch, 10. August 2022

Unter Räubern gibt‘s kein Mitleid …


In wenigen Tagen jährt sich Papas Todestag. Ich kann immer noch nicht an ihn denken, ohne dass ich anfange zu weinen. Aber in den letzten Tagen ist es besonders hart. Die Erinnerung an die Feier zur Diamantenen Hochzeit am 21. Juli - gefühlt der letzte wirklich glückliche Tag meines Lebens. Der 25. Juli - doppelter Kreismeister mit beiden Shelties - aber Abends brach Papa zusammen und kam ins Krankenhaus, das er nur noch zum Sterben verlassen sollte. In den letzten Monaten habe ich gelernt, mir nicht die Schuld zu geben, dass er diese entsetzlichen Wochen leiden musste. Habe verstanden, dass wir die Zeit brauchten, um Abschied zu nehmen. Und dass es gut war, dass ich vor Ort war und er nicht einfach auf seinem Stuhl oder der Treppe verreckt … sorry, verstorben ist. Die Frage nach dem Sinn, dem Warum hat sich dadurch nicht beantwortet. Und das Gefühl des Verlustes ist nicht erträglicher geworden. Ich vermute, keiner in meinem Umfeld weiß wirklich, wie es mir geht.  Nicht mal die engste Familie. Wie meine Eltern mir das vorgelebt haben, versuche ich alles, mit mir allein auszumachen. Ich rede so viel mit meinen Eltern, erzähle ihnen, lache, erinnere mich an tolle Zeiten - vermutlich ist das auch genau das, was sie von mir erwarten. Papa hat Piti beim Eintritt in die Familie die Wahl zwischen 2 Motti gestellt: Der Gerechte muss viel leiden - oder: Unter Räubern gibt‘s kein Mitleid. Piti hat sich nach anfänglicher Disorientierung für das Motto entschieden, was dann in unsere Familiengeschichte einging und sogar die Geburtsanzeige unserer Erstgeborenen zierte. UNTER RÄUBERN GIBT‘S KEIN MITLEID. Vermutlich ist es Zeit, den Kopf in den Nacken zu werfen, Krönchen zu richten und weiterzuleben. Papa hätte das sicher so gewollt.

Also Konzentration auf die positiven Ereignisse: dies Wochenende endlich mal wieder Turnier in Marburg, dann mit Myway Teilnahme an der dhv Deutschen Meisterschaft und dann noch bei den Qualis zur WAO. 

Morgen wird Jaro geröntgt und dann steht die Begleithundeprüfung und sein erstes Agility-Turnier an.

Aber nein, Papa, ich bin nicht mehr getrieben, ich hab jede Menge freie  Wochenenden 






 

Sonntag, 17. April 2022

Tous vas bien, mon ami ...

update: Enzo hat es nicht geschafft. Er ist noch am selben Abend gestorben. 


Der Stier trabte schnurstracks in die Mitte der Arena und scharrte mit seinen Hufen den roten Sand auf und brüllte. Misstrauisch beäugte er die weiß gekleideten Razzeteure, die sich nun vorsichtig näherten. Der Course camarguaise hat nichts mit dem spanischen Stierkampf gemein. Hier geht es um den Zweikampf zwischen dem Stier, der an seinen Hörnern Kokarden trägt, und dem Razzeteur, der eben diese Kokarden von dem Hörnern des Stieres holen will. Unbändige Kraft gegen drahtige Geschmeidigkeit, menschliche Intelligenz gegen archaische Reflexe des Stiers, der seine Kraft darauf verwendet, die Razzeteure zu verfolgen, seine Hörner in die Bande hämmert, über die seine Gegner gerade entkommen sind - oder auch mal selbst über die Bande springt. 



Aber dieser Stier war anders. Er blieb in der Mitte der Arena und verfolgte die Bemühungen der Razzeure nur mit wütendem Brüllen und herausforderndem Scharren. Es war klar, dass er das Spiel kannte und wusste, sie würden kommen. Zu ihm.  

Einer der ersten, der sich bis in die Mitte der Arena wagte, war Enzo. Als erfahrener Razzeteur wusste er, dass der Stier sich nicht auf die bekannten Strategien einlassen würde. Enzo kam nur auf 2 Meter an den schwarzen Koloss heran, der sofort seine Gelegenheit erkannte und mit einer für seine Tonnen erstaunlichen Geschwindigkeit durchstartete. Er war Enzo direkt auf den Fersen, als dieser den Fuss auf die Bande setzte und sich Richtung rettender Balustrade schwang. Das Publikum hielt den Atem an. Enzo strauchelte kurz und hing dann für einen Bruchteil der Sekunde in der Luft. Das reichte dem Stier. Er sprang hinter dem Razzeteur her und erreicht ihn just in diesem Moment, als er die Balustrade zu fassen bekam. Mit vollem Gewicht schmetterte er Enzo an die Mauer. Wie er es danach schaffte, noch über die Balustrade zu kommen, lässt sich wohl nur mit einer Überdosis Adrenalin erklären. Danach brach er zusammen ... und die Menschen in der Arena begannen zu begreifen, was passiert war. 

Der Stier war auf seinen Platz in der Mitte der Arena zurückgekehrt und brüllte und scharrte. Doch niemand konnte seine Aufmerksamkeit von der Stelle abwenden, wo Enzo zusammengebrochen war. Seine Kameraden waren bei ihm, auch der Wettkampfleiter, jemand brachte eine Trage und eine Sauerstoffflasche. Es sah deutlich so aus, dass Herzlungen-Wiederbelegung erforderlich geworden war.

Roman, der Freund meiner Tochter, eigentlich Neurochirurg, hatte zum Glück gerade eine Fortbildung als Notarzt gemacht. Als erkennbar war, dass hier niemand so richtig einen Plan hatte, stand er auf und ging zum Verletzten. Endlich öffnete auch jemand die Tür zum Toril und liess den Stier aus der Arena. Nach einer fassungslosen Weile sahen wir. dass Enzo nun auf eine Trage gelegt und in den Innenbereich der Arena gebracht wurde. Roman war an seiner Seite. Meine Tochter und ich sahen uns an, hatten Tränen in den Augen, wussten nicht, ob der junge Mann noch lebte. Eine Dreiviertel Stunde nach dem Unglück kam endlich die Durchsage, dass Enzo stabil sei. Später hörte man einen Helikopter, der über der Arena kreiste und dann am Hafen landete. Fast eine Stunde war mittlerweile vergangen. Roman gesellte sich wieder zu uns, auch ziemlich geschockt und gezeichnet von seinem Einsatz. Nur erfuhren wir aus erster Hand, dass Enzo nach seinem Pneumothorax stabilisiert werden konnte und gute Aussichten auf völlige Genesung hat. Roman meinte, er hatte nicht viel tun können außer Zugang legen und alles überwachen. Und er hielt Enzos Hand und sage: "Tout va bien, mon ami". 




Der Course camarguaise wurde dann abgebrochen. 

Im zarten Alter von 11 Jahren nahmen meine Eltern mich und meinen Bruder mit in ihr "gelobtes Land". Damals hatten wir ein Zelt und ich eine undichte Luftmatratze. Essen gehen konnten wir uns nicht leisten, es gab Orangina und Pizza aus dem Straßenverkauf. Das kleine blonde Mädchen verliebte sich unsterblich in einen blonden Guardian, der auf seinem weißen Pferd immer am Campingplatz vorbei ritt und die unvergleichlichen Farben und das Licht des Süden. Die Schwärmerei für den jungen Mann verblasste schnell, aber die Liebe zur Camargue zog mich immer wieder in das wilde Land der schwarzen Stiere, der weißen Pferde, der rosa Flamingos und unzähliger Vogelarten. Insgesamt war ich weit über 20 Mal im unserem gelobten Land. Immer dabei bei allen Reisen waren meine Eltern. Alle ihre Enkel haben hier die ersten Schritte gemacht und laufen gelernt. Jeder Platz ist voll von Erinnerungen. Ich war mir fast sicher gewesen, dass ich nach dem Tod der beiden keinen Schritt mehr in die Camargue setzen würde. Aber Charlotte, meine Jüngste, wollte ihren Geburtstag dort feiern, ihrem Roman alles zeigen und auch meine Älteste wollte so gerne mal wieder ins Rhonedelta. Da unter dem neuen Betreiber des Camping La Brise pro Mobilhome nur je ein Hund erlaubt ist und mein Mann die 1000 Kilometer nicht für eine Woche mit dem Hänger fahren wollte, durfte nur Jaro mit ans Meer.  




Als ich in der Nacht zum 9. April aus dem Fenster blickte, traute ich kaum meinen Augen. Überall Schnee. Und es schneite immer weiter. Gegen 2 hörte es auf zu schneien und wir beschlossen, wir starten jetzt. In Darmstadt war kein Schnee mehr, dafür ab Heidelberg wieder bis fast nach Bruchsal. Die Überholspur war komplett vereist, die ersten Schneeräummaschinen waren im Einsatz und sprühten Funken mit ihren Schaufeln auf dem Asphalt. Nach Freiburg wurde es trotz Kaffee immer schwerer, wach zu bleiben. Trotz der Pausen, damit Jaro die Füße vertreten konnte und Frauchen den Wachzustand aktivieren, erreichten wir gegen Mittag Arles und fuhren dann über Le Sambuc die Ostrandtour. Wetter war herrlichst. Am Wasserwerk sahen wir Braune Sichler, Bruchwasserläufer und Flussuferläufer, Purpurreiher und natürlich alles an Möwen. Auf dem Weg nach Maries erfuhren wir dann, dass der Check-in im Mobilhome tatsächlich erst um 16 Uhr möglich war. Also ließen wir uns Zeit und tranken im Maries dann noch ein Bierchen. Mobilhome-Nachbarn waren Charlotte und Roman, Piti und Mag waren auch nicht weit weg und ich ging erst mal mit Jaro ans Meer. Danach war ich froh, einen guten Bademantel für ihn zu haben ...




Abendessen im Tamaris an der Kirche. Soup Poissant, Gardian le Toraux und Mousse au Chocolat. Dazu Vin und davor Pastis. Im übernächsten Lokal war dann Livemusik mit einer Flamenco-Tänzerin. Wir machten Party auf der Straße mit Mojito und auf dem Heimweg übte ich mit Jaro noch "Zu" und "Weg" auf dem Marktplatz ... 




Am nächsten Morgen ging es dann gleich wieder ans Meer ... und so trieben wir durch die Tage. Ich freu mich auf September. Wir werden diesmal alle nach Maries fahren - auch Peter, Hope und die Shelties. Dafür dann ein bisschen länger ... tout vas bien, mon ami.



Donnerstag, 7. April 2022

Und plötzlich ist nichts mehr, wie es war oder wie es sein sollte ...

"Ich bin irgendwo an einem mentalen und emotionalen Punkt im Niemandsland angekommen, wo ich vollständig orientierungslos bin. Ich dachte, Fly hätte mir alles über Hunde beigebracht. Aber wenn sich die Schwierigkeit nach Außen richtet, kann man ganz anders damit arbeiten. Aber die Probleme zwischen Jaro und Myway beeinträchtigen meine Lebensqualität rund um die Uhr. Genau genommen ist das kein Leben mehr. Es zerreißt mich. Es nimmt mir Kraft, die ich nach dem Tod von Fly und meinen Eltern nicht habe. Ich frage mich die ganze Zeit, wie ich mich auf den Urlaub mit Jaro, auf das Seminar freuen soll, wenn ich gar nicht weiß, ob es wirklich Sinn macht, ihn bei mir zu behalten. Er ist noch so jung und kann ein tolles Leben haben, von dem ich gerade nicht weiß, ob ich ihm das bieten kann. Ich frage mich, was ich fühlen würde, wenn Jaro nicht mehr da wäre. Ihn wegzugeben wäre Scheitern. Irgendwie bin ich noch nie so wirklich gescheitert bis jetzt ..."

Dieses Statement habe ich Ende Januar geschrieben. Vorangegangen war eine heftige Auseinandersetzung zwischen  Jaro und Myway an Heiligabend. Ich kann diese Bilder immer noch nicht aushalten, obwohl letztendlich nichts passiert ist. Also keine sichtbaren Wunden (außer Peters Finger als Myway ihn getackert hat beim Versuch, die zwei zu trennen). Emotional waren wir alle im völlig verstört. 

Mein Versuch, mit den beiden mit Maulkorb spazieren zu gehen, endete in einer wilden Beißerei - zum Glück haben die Maulkörbe gehalten. 

Während ich den Vorfall an Heilig Abend eher Myway zuschreibe, war es hier definitiv Jaro, der Myway gestellt und angegriffen hat. 

Warum ich das nun alles schreibe? Zum einen dient es dazu, so einiges endlich mal zu verarbeiten. Zum anderen hilft es vielleicht anderen, die in ähnliche Situationen kommen.

Mich von Jaro zu trennen, wäre das Zweitschlimmste auf der Welt gewesen. Denn Myway wegzugeben, war völlig undenkbar. Er wäre vermutlich nirgendwo auf der Welt wieder wirklich glücklich geworden. Und ich ohne ihn auch nicht. Myway ist und bleibt halt unser kleiner Prinz.

Die einzige Alternative war kompetentes Training. Mir war mittlerweile doch klar geworden, dass ich Jaro gerade bei seinem Hüteverhalten viel früher hätte entgegen treten müssen. Und auch bei den Shelties lag einiges im Argen - diese Kläfferei nervte schon extrem. 

Als erstes buchte ich einen Onlinekurs "Hunde richtig führen" bei Linda Sikorski. Das war schon ein echter Augenöffner zu merken, dass mir mein Rudel ganz charmant auf der Nase herumtanzte. Aber auch, wie schnell man mit konsequentem Eingreifen eingefahrene Verhaltensmuster ändern kann. Den Shelties flogen so einige Flaschen um die Ohren - seitdem ist es ruhiger. Gerade Lasse würde ich allerdings nur mit einer Stimmband-OP endgültig zum verstummen bringen ...

Dann bekam ich doch den Termin bei Rico Haffner, den sie ja alle "den Besten" nennen. Kann ich mittlerweile voll bestätigen. Und seine erste Frage war tatsächlich: Wie viel bist du bereit auszuhalten und zu investieren (nicht nur finanziell) um beide Hunde zu halten? Meine Antwort: Alles, oder zumindest fast alles. Wenn es für alle Menschen und Hunde eine echte Perspektive gibt. 

Bei unserem erstem Termin stellte sich schnell heraus, dass Jaro und Myway sich zwar noch recht suspekt waren, aber keine echte Aggression zu spüren war. Das gab dann auch den Ausschlag, weiterzumachen. 

Rico brachte mir nun alles bei, was Fly irgendwie übersehen hatte. Körpersprache. Souveränität.  Bruce Willis. 

Ich war nie besonders autoritär. Weder bei meinen Hunden, noch meinen Kindern oder dem Rest der Welt. Wenn mir mal was nicht passt, bin ich eben zickig. Hat bis jetzt funktioniert - womit klar ist, dass mir diese kleine haarigen Biester mal wieder was beibringen wollen ...

Aber da habe ich schon sehr dazu gelernt. Selbst ein fast verhungertes Sheltie kann ich wortlos aus der Küche scheuchen ... Bei Jaro ist das alles eh überflüssig. "Ich soll aus der Küche? Okay. Ich soll vom Sofa? Kein Problem? - Wobei auch Jaro mich wesentlich ernster nimmt bei meinen Ansagen ...

Das nächste Standbein war dann eher esoterisch. Pia Schmitt hat mit Jaro und Myway mal "gesprochen". Und letztendlich hat das mein eigenes Bauchgefühl bestätigt. Jaro ist schon klar, dass er falsch reagiert hat - und Myway fühlt sich völlig im recht. 

Also weiter trennen. Die ersten Spaziergänge mit Maulkorb waren Stress pur für mich. Adrenalinschock - obwohl nichts passiert ist. 

Dann Spaziergänge mit Freilauf. Nie war auch nur ein Hauch von Aggression oder Aversion zu spüren.

Letztes Wochenende dann Indoor-Begegnung mit Maulkorb.

Heute der erste Spaziergang ohne Maulkorb, wobei ich die beiden nur abwechselnd im Freilauf hatte. 

Zurück dann drinnen alle ohne Maulkorb. Jaro wirft sich auf den Rücken um sich den Bauch kraulen zu lassen. Myway stand direkt daneben. 

Ich denke, wir sind auf einem sehr guten Weg.