Donnerstag, 26. August 2021

Das Schicksal ist ein mieser Verräter ...

 



Es ist unfassbar, wie schnell es gehen kann. So richtig begriffen habe ich es noch noch nicht, das mein Papa nicht mehr da ist. Der Versuch, all das in Worte zu fassen, führt unweigerlich zu Tränen.

Am 21. Juli haben meine Eltern noch Diamantene Hochzeit gefeiert. Mit Familie und ein paar Freunden im Dieburger Schloss, mit Austern, Gambas, Carpacchio und allem was mein Vater so gerne isst. Ein wirklich gelungenes Fest, er hat noch eine tolle Rede gehalten - ein kurzer Abriss seines Lebens mit Mama - so als würde es noch eine Fortsetzung geben.

4 Tage später haben seine Beine ganz plötzlich den Dienst versagt. Wäre ich nicht da gewesen und hätte den Notarzt alarmiert, wäre es für ihn sicher besser gewesen. Aber vielleicht brauchten wir diese Zeit, um uns zu verabschienden. Wir alle. 3 Wochen Krankenhaus, Infusionen, Bluttransfusionen, Harnkatheder, Infektion, Antibiotika, Lungenentzündung - und wir konnten ihn coronabedingt nur einmal am Tage besuchen, immer nur eine Person, anderthalb Stunden ...

Papa hat dann aufgegeben. Fast nichts mehr gegessen, weigerte sich, seine Hörgeräte zu tragen und damit war der Kontakt zur Umwelt weitgehend ausgeblendet. Schließlich hat Papa die weitere Behandlung verweigert. Da das Krankenhaus nichts mehr für ihn tun konnte,  kam Papa dann nach Hause - und wir wussten, dass es das Ende sein würde. Über die Mutter einer Schulfreundin meiner Ältesten haben wir zumindest ein kompetentes und engagiertes Palliativteam an unserer Seite gehabt. Dies alles ist eigentlich nicht Thema meines Blogs - aber ich muss mir das alles irgendwie auch von der Seele schreiben ... Die letzten Tage werde ich mein Lebtag nicht vergessen ...wie bitter der Tod gnadenlos Menschen aus unserer Mitte reißt, die qualvoll sterben und wir können nicht helfen.


                                    


Quercus, die Eiche. So hieß der letzte Irish Setter meiner Eltern. Und unter einer Eiche wird Papa im Ruheforst auch seine letzte Stätte finden - so hat er das gewünscht. Dass seine Kohlenstoffe in den Boden übergehen und den Baum nähren, in dem er dann fortlebt.



Mein Vater war ein charismatischer Mensch. Und er prägte nicht nur meine Kindheit, sondern letztendlich mein ganzes Leben. Meine Liebe zur Natur, zu Tieren, mein Interesse an Ornithologie - das Glück und die Zufriedenheit, die ich in kleinen Dingen zu finden vermag, all das ist das genau sein Werk wie das mein nimmermüdes Streben nach Perfektion und Erkenntnis, nie halbe Sachen machen.


Mein Vater ohne sein Fernglas war ein seltener Anblick. Alle Kontinente hat er bereist, winzige Kolibris haben ihn genau so begeistert wie die riesigen Kondore in den Anden.


Unsere letzten Urlaube führten uns weniger in die ehemals geliebte Camargue, die leider viel zu touristisch geworden war. Das Foto oben zeigt Papa auf den Spuren Helmut Drexlers am Galenbeker See. 



Sportlich war Papa eigentlich nur zu PR-Zwecken. Hier werden die neuen Tischtennisplatten auf dem Spielplatz im Zoo Heidelberg publikumswirksam eingeweiht. 


Die Einweihung der Robbenanlage im Zoo Heidelberg mit Fritz Ebert und dem OB Zundel - mit einem Schlüssel voller Fisch. Papas Talent für Marketing und PR haben dem Aufbau des Zoos sehr geholfen.


Die Einweihung des neuen Menschenaffenhauses - mit dem Segen des Heidelberger Perkeo und natürlich OB Zundel.








Papa hatte das Talent, medienwirksam zu agieren. Das war aber kein Selbstzweck, sondern immer im Interesse seines Zoos im Besonderen oder des Naturschutzes allgemein. Vor seiner Flucht in den Westen, wollte er Förster werden. Das wäre sicher auch ein passender Platz für ihn gewesen, obwohl die immer absurderen Gesetze zum Thema Tierschutz ihm daran sicher auch den Spaß verdorben hätten. Strafbar macht sich, wer eine Feder aufhebt - in vielen Publikation rechnet Papa gnadenlos mit Ignoranz, Lobbyismus und Dummheit ab. 




Meine Mama war immer an seiner Seite, hat unzählige Tierkinder groß gezogen, alle Publikationen, Artikel, Berichte, Zooführer und Reden getippt. Damals noch auf der Schreibmaschine und später auf dem Schreibcomputer - einen richtigen PC hat es bei uns nie gegeben. 


Gesellige Runde mit Freunden ...



Vor Corona waren  Krankenhäuser doch ein besserer Ort. 



Auf der Suche nach dem blauen Laubfrosch - das war das Motto unserer vielen Camargue-Reisen. Meine Eltern immer mit dem Wohnmobil, wir erst im geliehenen Womo, später im Mobilhome auf dem Camping La Brise, später dann mit dem Wohnwagen. Papas Enkel haben alle in der Camargue laufen gelernt. 

Jeder, der Papa kennt, kennt seinen Lebenslauf. Trotzdem hier eine kurze Zusammenfassung. Wie schnell passiert es doch, das die Erzähler plötzlich verstummen.

26. März 1935 wurde Papa in München geboren. Die prägenden Jahre seiner Kindheit hat er im Erzgebirge bei seiner Oma Milda und den Taten Lotte und Reni verbracht. In Haus Neu-Heidelberg in Bad Elster. Wir Kinder und Enkel können die Geschichten, wie er mit Oma Milda in Wald und Moor unterwegs war, auswendig. Zum Glück, denn er wird sie nie wieder erzählen. 

Am Braunschweiger Kolleg machte er dann sein Abi - das durfte er in der DDR nicht, weil sein Vater ja Staatsfeind war (Opa Kurt war Ulan und ist in Bauzen qualvoll verhungert - unschuldig übrigens, die Denunziantin war lesbisch und scharf auf meine Oma ...) - und studierte dann Zoologie, promovierte über Kolibris. In Braunschweig lernte er meine Mama kennen und die zwei wurden ein Paar. Hier zahlte sich die Hartnäckigkeit meines Vaters definitiv aus, denn Mama war sich erst mal so gar nicht sicher, dass hier gerade der Mann ihrer Träume um sie warb. Aber ich glaube, Papa hat in seinem Leben fast alles bekommen, was er wirklich wollte. Und so wurde dann am 21. Juli 1961 Hochzeit gefeiert. Am 26. November kam ich auf die Welt, 4 Jahre später promovierte Papa und wir zogen dann nach Duisburg, wo er im Zoo als Assistent eine Stelle bekam. Damit wuchs ich quasi von Anfang an mit Tieren auf - erst im zoologischen Institut und dann im Zoo Duisburg, ab 1972 dann im Zoo Heidelberg, dessen Leitung Papa übernahm. Vorher, 1969 wurde noch ein Bruder Dierk in Duisburg geboren. 

Der Zoo in Heidelberg war in desolatem Zustand. Und bot den vielfältigen Talenten und Fähigkeiten meines Vaters ein dankbares Terrain. Wir wohnten direkt im Zoo. Hörten nachts die Pfauen und Elefanten, später auch die Bären und Löwen. Papa hatte mehr oder weniger einen 24-Stunden-Job. 

Aus dem hässlichen Entlein wurde ein stolzer, international renommierter Schwan. Diverse Erstzuchten, 10 Orang-Utan-Babies, Brutkasten neben dem Wohnzimmer, daneben die Aufzuchtstation für zahllose Vogelkinder, Listztäffchen, unser Garten war eine Forschungsstation mit freifliegenden Kolibris ...

Meine Eltern reisten durch die Welt, als zoologische Reiseführer und zu Kongressen und Tagungen, zum Beispiel zum internationalen Zoodirektoren-Verband, dessen Präsident Papa war. 

1989 dann Ruhestand. Vorzeitig, weil die Gegebenheiten einfach nicht mehr so waren, wie Papa arbeiten wollte. Zeit für die Enkel, für Reisen, für Familie. Zunächst in Schaafheim und später in Altheim bei Münster. 

Ich bin dankbar. Papa gekannt zu haben. Seine Liebe und auch seinen Respekt gewonnen zu haben. 

Mein Vater hat immer gesagt, irgendwo da oben im "Himmel" ist ein langer Tisch, an dem alle sitzen, die nicht mehr auf Erden sind. Dort werden wir uns alle irgendwann wiedersehen und zusammen reden und lachen und feiern. Papa hatte immer recht - da wird das sicher auch stimmen ... 

Sonntag, 15. August 2021

Jaro - Licht in der Dunkelheit





Obwohl wir ja schon ein Rudel in "Sind-das-alles-Ihre"-Stärke hatten, wurde immer klarer, dass noch mal ein Border Collie bei uns einziehen sollte. Wir hatten diverse Würfe verfolgt und auch schon einen Wurf angefragt, der dann aber nicht zu Stande kam. Ein "übrig gebliebener" Welpe hatte uns auch ganz gut gefallen, aber er war weg, eh wir in die Pötte gekommen waren. Schicksal. Der richtige Hund wurde mich finden, das war klar. Dann las ich eine interessante Wurfplanung von einer langjährigen Bekannten, von der ich wusste, dass sie keine halben Sachen machen würde. Hündin und Rüde gefielen mir gut - also fragte ich mal an, ob Nicole mir einen ihrer Welpen anvertrauen würde. Wir trafen uns zur gemeinsamen Gassirunde, Nicole zeige mir, wo die Welpen geboren und aufwachsen würden und erklärte mir detailliert, wie ihre Zuchtziele aussehen, welche genetischen Risikofaktoren bestehen könnten ... für mich war es das erste mal, dass ich einen ungeborenen bzw. sogar ungezeugten Welpen plante. So begann nun das Warten auf Maes Läufigkeit. Dann noch mal 4 Wochen auf den Ultraschall. Und Richtung Geburtstermin lag die Spannung fast greifbar knisternd in der Luft. 

Da ich die meisten meiner Hunde letztendlich über Foto ausgesucht hatte, waren meine Favoriten im "all about"-Wurf schnell gefunden. All about Eve sollte dann bei Nicole bleiben - der kleine Rüde würde es also werden, wenn beim Antrittsbesuch der gegenseitige Funke überspringen würde. Vorher brauchte es für die erste Zuchtabnahme allerdings schon mal einen Namen. Drei Tage brachte ich Google zum glühen. Aus 20 Namen in der engeren Wahl blieben fünf. Dann tickerte mich Nicole an: bis zum Wochenende braucht sie eine Entscheidung. Und die war dann klar: Jaro. Licht in der Dunkelheit. Wie sehr ich dieses Licht brauchen würde, war damals noch nicht wirklich abzusehen - und ist auch nicht Bestandteil dieses Blogs. Aber ich kann jetzt schon sagen, dass ich keinen besseren Namen hätte finden können. 

Der erste Besuch. Ich war aufgeregt. Wenn Jaro mich nun nicht mögen würde? Soll ja schon vorgekommen sein. Aber Jaro war von Anfang an unser Hund gewesen. Er war der erste, der auf meinen Schoß gekrabbelt ist. Und so bezaubernd alle Welpen waren - ich hätte Jaro gegen keinen anderen oder andere getauscht. 

Wegen privater Turbulenzen konnte ich Jaro nur noch einmal besuchen, aber Nicole hielt uns fast täglich mit Videos aus der Wurfbox und dem Welpenauslauf auf dem Laufenden. Die Welpen wurden mit Spielzeug, Außenreizen und Ausflügen perfekt auf ihr späteres Leben vorbereitet. Auch die Physiotherapie und natürlich den Tierarzt lernten sie kennen. 

Endlich war Tag X da, der 7. August. Born with style's all about Jaro zog auf den Berg. Die neue Welpenbox brauchte den wenigsten Platz im Auto, für die üppige Aussteuer - Liegematte, Decke, Spielzeug, Porzellannapf, Futter für die ersten Tage - hätten wir schon fast einen Hänger gebraucht. 

Die Fahrt fand Jaro ziemlich doof, vermutlich fühlte es sich für ihn eher wie eine Entführung an. Und die Shelties kommentierten gnadenlos jedes Piepsen von ihm ... Die Rudelzusammenführung verlief dann aber relativ entspannt und abends waren alle vier (Fly war bei Herrchen geblieben) schon gemeinsam auf Abendrunde am Berg. Ganz vertraut und entspannt - als ob Jaro schon ewig zu uns gehören würde - aber so rein energetisch tut er das vermutlich auch ... 












Das wichtigste Lernziel für alle meine Hunde ist es, zur Ruhe zu kommen. Das geht am besten in der Box. Die ersten paar Tage habe ich Jaro jedes mal, wenn er eingeschlafen war, in seine Box gelegt. Auch wenn er zu sehr überdreht hat, hab ich ihn entweder auf den Arm genommen und sanft gehalten oder in die Box gelegt. Dazu gab es ein leises "müüüüüüdääääää". Als Strafe hat er das nie empfunden und schläft immer noch nachts gerne in seiner Box. Glück hab ich, dass er wirklich durchschläft, auch wenn ich sechs Uhr schon ziemlich früh finde, um aufzustehen ... da bin ich durch das Homeoffice echt verwöhnt.


Mit dem Clicker bereite ich Jaro schon mal auf sein späteres Leben als Agility- und Begleithund vor. Außer aufs Gymnastikkissen kann Jaro sich schon auf die Waage stellen - 5,6 Kilo wiegt er im zarten Alter von mittlerweile 9 Wochen und 3 Tagen. Im Vergleich zu seinem Bruder mit 6 Kilo ist er da eher zart. Aber das liegt sicher an der vielen Bewegung und den tollen Spaziergängen auf dem Berg - natürlich in welpengerechten Umfang. 




Mit am wichtigsten ist natürlich der Rückruf, der aktuell sogar dann klappt, wenn er eigentlich gerade etwas besseres vorhat. Den Rückruf zu so festigen, dass es auch noch klappt, wenn das Kerlchen mal in die Pubertät kommt, ist mir logischerweise wichtiger als alles andere. 



Nach einer Woche kamen uns dann Nicole und Schwester Eve besuchen. Nicoles Sorge, Jaro hätte sie schon vergessen, erwies sich als völlig unbegründet. Eve und Jaro tobten non-stop über die Terrasse und später auf der Wiese - beide haben danach richtig gut geschlafen.














Einfach Wahnsinn, wie die Zeit verfliegt - 10 Tage ist das Lichtlein nun schon bei uns ... ich genieße jede Sekunde dieser wunderschönen Welpenzeit, so schnell sind sie groß.