Mittwoch, 17. November 2021

Es könnte schlimmer kommen, dachte ich. Und ich behielt recht - es kam schlimmer ...

Heute ist einer der Tage, wo ich am liebsten bei einer Telefonseelsorge anrufen würde. Einfach reden, über meinen Kummer, meinen Schmerz, meine Verzweiflung. Mama! Sie lebt - noch. Und ich liebe diese kleine alte Frau so sehr, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Vorhin hatten wir so einen innigen Moment, als wir uns umarmt haben. Aber ich verstehe ihre Sprache nicht mehr. Sie hat meine Welt und unsere gemeinsame Sprache schon seit Tagen verlassen. Sie redet mit mir, will mir etwas mitteilen, dass ihr auf der Seele brennt. Aber ich verstehe die Worte nicht. Wie damals in Korea höre ich zu, gebe empathische Laute von mir und Bestätigungsgrunzen. Aber ich wüsste so gerne, was sie sagt. Bevor ihre Stimme auf immer vestummt. Aber wahrscheinlich dauert es nicht mehr lange, dann wäre ich glücklich, ihre Simme zu hören auch wenn ich die Worte nicht verstehe.

Jeden Morgen, wenn ich die Tür aufschließe, schwanke ich zwischen der Sorge, dass sie nicht mehr ist - und der Hoffnung, dass sie Papa endlich gefolgt ist. Heute ist die letzte Nacht in ihrem alten Zuhause. Ein paar Tage ist sie noch bei meinem Bruder und dann hat sie ein Zimmer in einer Seniorenresidenz. Zumindest ist genug Geld da, dass sie einen schönen Platz haben kann. Ich bringe vor ihrem Einzug noch ihre Lieblingsbilder und Dekoschnacks.

Meinen Geburtstag feiere ich dann in der DWA beim Agility. Auch ohne die aktuelle Entwicklung war meine Begeisterung für eine rauschende Feier eher gering. 

Am 21. Juli war die Welt noch rund. Papa hat eine Rede gehalten und die Feier genossen. Mama war nicht gerade mit Appetit gesegnet, aber sie war voll da. 

Jetzt ist Papa tot. Mama lebt, aber wir können uns nicht mehr verständigen.

Und Fly ist auch über die Regenbogenbrücke gegangen. Irgendwie könnte jetzt gut sein, oder ...